Die Dordogne 
 

Die Dordogne entspringt am Puy de Sancy (1885 m, von Super Besse aus mit der Seilbahn fantastischer Blick über die Gegend -> VOLVIC-Werbung!) in den Monts Dore, nördlich des Parc Regional des Volcans d' Auvergne. Zunächst handelt es sich um einen Gebirgsfluss, der in vielen, teils gigantisch hohen Stufen zur Elektrizitätserzeugung aufgestaut wurde. Etwa ab Argentat dürfte die Dordogne ein Wanderfluss sein (Beobachtungen auf früheren Motorradtouren).

Von Souillac bis Carsac (Perigord Noir)

Im Schwarzen Perigord durchfliesst die Dordogne in weiten Schleifen eine sanfte Mittelgebirgslandschaft, die touristisch sehr reizvoll ist und glücklicherweise weit abseits des Massentourismusströme liegt. Dennoch ist die Region stark frequentiert, was bei ihrer Schönheit und ihren Sehenwürdigkeiten nicht verwunderlich ist: malerische Ortschaften, prähistorische und geschichtsträchtige Stätten, Gastronomie. Viele der Perigord-Urlauber gönnen sich dann auch eine Kanutour, worauf sich die zahllosen Verleihstationen eingestellt haben. An schönen Nachmittagen im August kann man wie einst ein gewisser J. v. Nazareth vor rund 2000 Jahren trockenen Fußes über das Wasser laufen, so viele Boote stauen sich auf dem Fluss (es sollen auf diesem Abschnitt 1000 Verleihboote existieren, die jedoch bis 18 Uhr vom Wasser sein müssen).

Es ist also sinnlos, angesichts einer heranstürmenden Clique Jugendlicher sich treiben zu lassen, in der Hoffnung, dass es wieder ruhiger wird: Es kommen nur noch mehr. Man sollte eher darauf achten, dass man nicht vor lauter Unfug der übrigen Bootsbesatzungen (Paddeln im Stehen, etc.) in Mitleidenschaft gezogen wird oder von oben ein Bungee-Springer heranrast.

Trotzdem ist es ganz einfach schön: Viele Flussschleifen, Burgen auf den Felsen, Kiesbänke, ab und zu "Stromschnellen", wo die Wassertiefe 20 cm unterschreitet: Einfach ein schöner Wanderfluss. Es soll der schönste Teil der Dordogne sein. Keine Schleusen und Wehre.

Von Bergerac bis Libourne

Die Dordogne war einst vom Wehr von Bergerac bis zum Zusammenfluss mit der Garonne bei Bec d' Ambes befahrbar. Heute beginnt die schiffbare Strecke erst in Saint-Pierre-d'-Eyraud. Bis Castillion - de-la- Bataille (km 39) ist die Dordogne ein frei fließender Fluss, und das bedeutet Flussschiffahrt mit all ihren Listen und Tücken. Erst ab Castillion - de-la- Bataille machen sich die Grenzen bemerkbar (anm.: gemeint sind die Gezeiten). Die Strecke von Saint-Pierre-d'-Eyraud bis zur Garonne ist 118 km lang. (...) (Quelle: D. Edwards-May: Binnengewässer Frankreichs, Edition Maritim). Keine Schleusen und Wehre.

Wir haben unseren Katamaran in Ste.-Foy-la-Grande (km 105,7) aufgebaut (ohne Takelage, da wir nicht segeln, sondern mit der Strömung und dem 2-PS-Flautenschieber vorankommen wollten). In Ste.-Foy befindet sich ein netter Campingplatz direkt am Steilufer. Dort führt auch ein guter Weg zu einer Felsplatte hinab, die einen prima Aufrüst- und Einsetzplatz bietet. Außerdem hat Ste.-Foy einen Bahnhof an einer wichtigen Hauptverbindungsstrecke.

Die Dordogne hat ab Bergerac keine Schleusen und Wehre mehr, sondern fliesst frei durch ein breites Bett, das teilweise sehr flach ist (häufig unter 30 cm), jedoch praktisch immer genug Wasser führt (Beobachtung Ende August 1996). Die Wassergeschwindigkeit dürfte im langen Mittel bei etwa 4 km/h liegen, wir haben mit ganz wenig Motorleistung und vielen Stellen, wo es für den Motor zu flach war, im Schnitt 8 km/h zurückgelegt.

Die Fahrt ist absolut idyllisch - weite Teile des Ufers sind bewaldet, grenzen teilweise an Wiesen und Felder oder tragen schöne Häuser und Gärten. Der Verkehr ist quasi Null. Es gibt zwar auch hier Bootsverleihe, aber die Gegend ist zu "normal", um viele Touristen von der Atlantikküste bis hierher zu locken. Nur einmal trafen wir ein Pärchen im Kanu, sonst waren wir allein.

Ab Castillion machen sich die Gezeiten bemerkbar. Wir wunderten uns zunächst nur, woher die spielenden Kinder am Ufer die viele "Matsche" haben, in der sie sich ausgiebig suhlten, um den Panzer dann trocknen zu lassen. Lediglich bei den beiden Inseln bei km 75,0 änderte sich die Farbe des Wassers in Richtung weiß - wir fuhren zufällig bei Wasserhöchststand in den gezeitenabhängigen Teil.

Mit dem ablaufenden Wasser ging es nun auch zügiger voran, und die schlammigen Ufer wurden immer höher. Wir erreichten gegen 18 Uhr Branne (km 61,5), wo wir an der Schwimmbrücke für den "Tourisme Fluviale" festmachten, um uns eine Herberge zu suchen. Direkt hinter der Festmachestelle befindet sich die Brücke von Branne und eine Auberge, in der man ordentlich Übernachten und Speisen kann. Dort gelang es mir auch, die Zeitung vom Wochenende auszugraben, in der immer der Gezeitenkalender für die Folgewoche abgedruckt wird.

Diese Bemühungen wurden von meiner Frau zunächst etwas belächelt, als wir aber am nächsten Morgen wenige Minuten nach Einsetzen der Flut über die Straßenbrücke liefen und sie die flussaufwärts laufende Flutwelle sah (135 km von der Küste entfernt!), war ich rehabilitiert. Die Welle war hier nur noch etwa 20 cm hoch, flussabwärts wird sie zunehmend höher (dann zwei bis drei ca. 30 cm hohe Wellen) und lauter (auf dieser Welle oder im dahinter "bergaufwärts" fliessenden Wasser kommt man sicher schnell und bequem landeinwärts).

Wegen dieser Gezeitenwirkungen in Dordogne und Garonne heißt die Landschaft zwischen diesen beiden Flüssen "Entre-deux-Mers" (Zwischen zwei Meeren), was dem Weinkenner als Anbaugebiet sicher ein Begriff ist.

Wir haben von Branne aus einen ca. 1,5 - stündigen Fußmarsch nach St. Emilion (dem berühmten Weinort) unternommen, das sehr malerisch gelegen ist und zahlreiche Sehenswürdigkeiten hat. Zurück in Branne haben wir noch die dortige Kirche besichtigt (außergewöhnliche Malereien auf den Säulen, sehenswert) und sind mit ablaufender Flut wieder Richtung Libourne aufgebrochen.

Der linke (Schlauch-) Auftriebskörper des Katamarans zeigte bereits am Vortag leichte Formprobleme wegen einer undichten Stelle. Inzwischen war der Druck so schwach, dass dies die Fahrt behinderte, und wir beschlossen, etwas nachzupumpen. Hinter Branne fanden wir eine (wegen des Tidenhubs im Fluss sehr lange) parallel zum Fluss verlaufende Slipanlage, die etwa zur Hälfte trockengefallen war. Wir versuchten anzulegen: knöcheltiefer Schlick, der einem die Schuhe vom Fuß zieht! Mit Stechpaddeln schaufelte ich mich etwas zum Steinpflaster durch, um wenigstens den Blasebalg aufstellen zu können. Nach dem Wiedereinsetzen versuchten wir das Boot einigermaßen zu reinigen, sofern das mit der Schlickbrühe noch ging. Die Kleckse, die antrockneten, wurden hart wie Beton. Man sollte daran denken beim Wahl des Einsetzortes, besser noch, des Einsetzzeitpunkts: Nur bei Fluthöchststand!

Im weiteren Verlauf wird die Flussfahrt immer eintöniger, da man in einem metertiefen Schlammgraben in extrem verschlammtem Wasser unterwegs ist. Kurz vor Libourne waren nochmal zwei hohe Kiesbänke rechts und links, zwischen denen ein Hirnrissiger ein Seil mit einem Kanister gespannt hatte. Wahrscheinlich tat er dies bei Ebbe, weil das Seil durch den relativ schnell angeströmten Kanister etwa im Fünfsekundenabstand peitschend über die Wasserfläche hochschnellte - ein etwas mulmiges Gefühl bei der Überquerung!

In Libourne befindet sich eine alte Steinbrücke über den Fluss, die (entsprechend den damaligen Möglichkeiten der Statik) auf mehreren mächtigen Pfeilern ruht, die die Strömung sehr stark beeinträchtigen. Wir entschieden uns für den zweiten Bogen von rechts und hatten in dem inzwischen sehr stark ablaufenden Wasser einen kräftigen Schwall hinter den Pfeilern, der dem Katamaran jedoch nichts ausmachen konnte. Von rechts mündet in Libourne die Isle, in der sich wieder eine Schwimmbrücke für die Flusstouristik befindet, an der wir die Fahrt beendeten. Bis zum Bahnhof läuft man etwa 15 Minuten, die Linie nach Ste.-Foy scheint eine Nahverkehrsstrecke zu sein, die mit modernen Zügen gut bedient wird. Etwas weiter flussaufwärts auf der Isle befindet sich noch eine gepflasterte Slipanlage (in Libourne beträgt der Tidenhub immerhin knapp drei Meter!), noch weiter flussaufwärts, aber noch im Stadtgebiet, findet man die Anlagen eines Ruderclubs.

Ich empfehle, nicht weiter als bis Libourne zu fahren, da der Fluss jetzt immer breiter und langweiliger wird.

 
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